Darmstadt und die Mobilität – immer wieder ein heißes Thema, könnte man meinen. Obwohl eine nachhaltige und klimafreundliche Mobilität politischer und gesellschaftlicher Konsens in unserer Stadt ist, gibt es verschiedenste Interessen, die berücksichtigt werden müssen. Ein Beispiel: Als Schuldezernent erhalte ich häufig Mails von Lehrkräften, die außerhalb von Darmstadt wohnen und täglich hierher pendeln. Die Motivation zur Nutzung des ÖPNV ist hoch und stellt dennoch keine realistische Option dar: Mit dem Auto ist man bedeutend schneller und meist zuverlässig unterwegs. Problematisch wird es dann meist am Zielort: Unsere Stadt hat keinen Platz, um für alle einen Parkplatz zu garantieren. Und das darf insbesondere im Kontext des Klimawandels und des Wohnungsmangels auch nicht unser Ziel sein!
Als Oberbürgermeister und Verantwortlicher für die Stadtentwicklung werde ich deshalb zusammen mit dem Mobilitätsdezernat Lösungen finden, um die verschiedenen Mobilitätsformen flexibel miteinander zu vernetzen, denn so beschleunigen wir die Mobilitätswende am effektivsten. Mit der Heag Mobilo haben wir in Darmstadt ein leistungsfähiges Unternehmen der Stadtwirtschaft, das diese Vision umsetzen kann.
Ein wesentlicher Hebel, den wir dabei angehen müssen, sind die ca. 75.000 Menschen, die täglich von außerhalb nach Darmstadt pendeln, um hier zu arbeiten. Die Zahl der Bürgerinnen und Bürger Darmstadts, die nach außen pendeln, liegt dagegen bei 32.000. Damit hat unsere Stadt einen hohen sogenannten Einpendlerüberschuss von fast 70%, der zudem von Jahr zu Jahr weiter steigt. [Quelle]
Ein Großteil der Einpendelnden fährt nach wie vor mit dem Auto, ein verhältnismäßig deutlich kleinerer Anteil pendelt mit dem ÖPNV. Während die Anzahl der privaten PKW pro Person in Darmstadt insgesamt stagniert bzw. leicht sinkt[Quelle], steigt die Anzahl der PKW, die tagtäglich durch unsere Stadt fahren. Dies führt nicht nur zu Problemen für die Umwelt, sondern auch zu hohen Zeitverlusten, Lärmbelästigung und vielen Gefahrensituationen. Gleichzeitig sind die vielen Einpendelnden wichtig für unsere Stadt: Sie besetzen wichtige Stellen in Gesundheit und Bildung und tragen zu unserem Erfolg als Wirtschafts- und Innovationsstandort bei.
Hieraus ergibt sich eine Herausforderung: Einerseits gibt es in unserer Stadt einen großen Konsens darüber, dass der motorisierte Verkehr sinken soll. Gleichzeitig sind die Bereiche Wirtschaft, Bildung, Gesundheit sowie viele weitere Sektoren darauf angewiesen, dass täglich Personen nach Darmstadt einpendeln. Die Lösung für dieses Problem scheint auf den ersten Blick offensichtlich: Mehr ÖPNV! Ja, wir müssen den ÖPNV in unserer Stadt weiter ausbauen, aber das ist nur ein Teil der Lösung. Der Grund: Viele Pendelnde kommen aus Gegenden, die mit dem ÖPNV nur äußerst unzuverlässig und mit extrem hohen Zeitaufwand zu erreichen sind.
Glücklicherweise müssen wir das Rad nicht neu erfinden, denn viele andere Städte haben das Problem bereits gelöst, so zum Beispiel Straßburg und Prag. Beide Städte haben den motorisierten Verkehr in der Innenstadt auf das absolute Minimum reduziert, indem sie ihn an die Außengrenzen der Stadt verlagert haben. Konkret bedeutet das: Überwachte Parkhausanlagen wurden errichtet, um möglichst viele PKW möglichst platzsparend unterzubringen. Die Parkhausanlagen sind an den ÖPNV angebunden, um eine schnelle Verbindung in die Innenstadt zu schaffen. Gleichzeitig wurden große Teile der Innenstadt nur für PKW von Anwohnenden freigegeben. Auf diese Weise ist den beiden genannten Städten ein Spagat gelungen: Insgesamt wurden die gefahrenen PKW-Kilometer massiv verringert, dadurch sanken auch Lärmpegel und Abgaswerte. Gleichzeitig wird die Innenstadt als besser erreichbar wahrgenommen, da die aufwändige Suche nach einem innerstädtischen Parkplatz überflüssig wird. Als Oberbürgermeister und Verantwortlicher für die Stadtentwicklung werde ich dieses Modell in Zusammenarbeit mit dem Mobilitätsdezernat auch für Darmstadt untersuchen lassen.
Trotz allem ist es wichtig, dass auch weiterhin der ÖPNV massiv ausgebaut wird. Hierzu gehört auch der HeinerLiner, der einen wichtigen Beitrag zur Schließung bestehender ÖPNV-Lücken leistet und eine Alternative zum eigenen Auto darstellt. Das System muss jedoch weiterentwickelt und dringend mit dem DaDi-Liner des Landkreises verbunden werden, um einen stärkeren Effekt zu erzielen. Generell müssen die ÖPNV-Verbindungen in den Landkreis ausgebaut werden.
Außerdem müssen Fußwege und Fahrradspuren weiter ausgebaut werden, um einerseits weitere Anreize zur klimafreundlichen Mobilität zu setzen und andererseits unsichere Konstrukte im Straßenverkehr aufzulösen. Der bereits begonnene Prozess zur Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h soll fortgesetzt werden, wo auch immer sich ein Vorteil für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden oder das Klima ergibt.
Die Stadt Darmstadt unterhält über 100 öffentliche Gebäude, darunter unter anderem Schulen, Kindergärten, Sporthallen und Verwaltungsstandorte. Hinzu kommen die ca. 17.000 Wohnungen der städtischen Baugesellschaft “Bauverein AG”, in denen ein großer Teil unserer Stadtgesellschaft wohnt. Der Hebel für den Klimaschutz ist dementsprechend riesig.
Als Oberbürgermeister werde ich den Eigenbetrieb Immobilienmanagement (IDA) und meinen Einfluss auf die Bauverein AG dafür nutzen, dass klimagerechte Sanierungen vorangetrieben werden und dass bei Neubauten das Thema Klimaschutz an erster Stelle steht. Das beginnt bei Solardächern und hört nicht erst bei einem intelligenten Energiemanagement für die Gebäude auf. Des Weiteren werde ich moderne Baumethoden wie das serielle bzw. modulare Bauen [Quelle], über die sowohl Kosten als auch Klimafolgen von Bauprojekten deutlich gesenkt werden können, vorantreiben.
Für einen aktiven Klimaschutz müssen wir effizient handeln, nicht nur im Hinblick auf die eingesetzten Technologien, sondern auch im Hinblick auf die Projekte, die wir umsetzen. Als Oberbürgermeister werde ich ein Projektmanagement in der Verwaltung einführen, über das Projekte nach Klimanutzen priorisiert und deren Effekte anhand von echten Daten belegt werden können. Nur so kann der von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene Klimavorbehalt umgesetzt werden, bei dem alle beschlossenen Projekte auf deren Auswirkung auf das Stadtklima und die CO2-Bilanz geprüft werden. Das ist es, was ich unter aktivem Klimaschutz verstehe: Jeder Euro, den wir in den Klimaschutz investieren, muss einen maximalen Effekt erzeugen.
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